Hintergründe

Schreiben ist Handwerk, sagen die einen; es ist eingegebene Inspiration, meinen die anderen … und es ist ganz bestimmt beides, behaupte ich.

In meinen bisherigen Arbeiten habe ich Gedichte oft als „Bruchstücke“ verstanden. Scherben, deren Ränder scharf und deren Kanten gezähnt sind und wenn sie eins ans andere gelegt werden, entsteht ein Bild – ein Mosaik aus Wortfacetten und Klangspielen; und zwischen den Zeilen eine Ahnung von dem, was gemeint ist, mehr nicht.

Bei meinen Gedichten, die sich hier auf der Website finden und die im Rahmen unseres Projektes allmählich entstehen, verhält es sich ein wenig anders. Sie folgen einer Spur, die thematisch den Rahmen bildet, und sie sind eigentlich nicht mehr als der Versuch einer sprachlichen Geste: eine Berührung.
Hierfür ist es mir wichtig, dass die Worte nicht einfach zweidimensional auf dem Papier liegen wie eine Anleitung zum Taktilen, sondern dass sie, umgeben von einer Klangkulisse, jene Nähe, von der sie erzählen, auch spürbar machen.
Eingebettet in den liturgischen Kontext sollen die Texte also Zeugnis ablegen für mein Suchen, Fragen, Zweifeln, Glauben, Stolpern und Stürzen auf IHN zu, aber nicht zuletzt sollen sie auch meinem gelegentlichen Schauen Ausdruck verleihen.

Und je mehr ich versuche, für mein „lyrisches Glaubensbekenntnis“ Worte zu finden, die einer Berührung ähneln, umso deutlicher merke ich, dass ich dafür nicht an den Engeln vorbei komme. Es wird also seine Gründe haben, warum die Hände der Boten eine so wichtige Bedeutung tragen.

Gedichte zu schreiben, die sakraler Art sind, aber trotzdem nicht auf vorformulierte Gebete zurückgreifen, zeigt mir auf, wieviel mehr in und zwischen all den Zeilen stecken muss, die eigentlich Gott gewidmet sein sollen, und wieviel Vorarbeit geleistet werden müsste, um IHN überhaupt ein stückweit zu berühren, sprachlich.
Denn das ist mein Wunsch und Ziel gleichermaßen: mit Worten tasten wie mit Fingern.
Was bleibt, ist – wie bei Michelangelos Fresko „Die Erschaffung Adams“ – eine Lücke zwischen den Fingerspitzen und somit die Frage, ob ER sich überhaupt berühren läßt von mir.

ul